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Sonntag, 21. September 2014

Lass uns auf die Jagd gehen

Jeder Charakter hat seine eigene Geschichte. Sie spiegelt oft die grundlegenden Motive für das Tun eines Helden wider... Hier möchte ich euch meine Geschichte erzählen. Die Geschichte von Alva Gunnarsdottir.

"... aber ihr müsst doch etwas unternehmen!" , schrie die junge Frau und hieb voller Wut auf den Schreibtisch des Wachhauptmanns. Der Wachhauptmann, ein behäbiger Mann mit schütteren Haar und wässrigen Augen seufzte entnervt: "Ich sage es euch noch ein einziges Mal, was außerhalb der Stadt passiert liegt nicht in meinem Zuständigkeitsbereich. Ich kann doch nicht meine Männer durch die Wildnis laufen lassen nur wegen ein paar Strauchdieben."

"Aber...", brauste die junge Frau auf und hielt inne als eine Hand sie berührte. Sie fuhr herum, bereit der ersten Witzfigur von Wache eine gehörige Abreibung zu verpassen, der es wagte sie anzurühren.

"Alva komm schnell, Vater ist aufgewacht" raunte ihre Ziehschwester Sigrun ihr zu.

Ohne ein weiteres Wort stürmte Alva gefolgt von ihrer Ziehschwester aus der Wachstube. Die Wachen drückten sich eingeschüchtert an die Wände. Alva hatte in ihrer Wut mit bloßen Händen die Tür aufgebrochen um Gehör zu finden.

"Wie geht es ihm?", rief Alva im Rennen ihrer Schwester zu. Sigrun hielt den Blick starr geradeaus gerichtet "Er ruft nach dir..." Alva verstand und rannte weiter, jede Sekunde war jetzt kostbar.

Endlich erreichten sie das Häuschen des Heilers. Alva riß die Tür fast aus den Angeln.
"Wo?" keuchte sie fast atemlos. Der erschreckte Heiler wies zitternd auf eine kleine Holztür zu seiner Linken. Sie wollte gerade zur Tür stürzen, da hielten starke Arme sie umschlungen, "Alva, erwarte nicht zu viel, seine Verletzungen sind sehr schwer und vielleicht ist er wieder in seinen Fieberträumen gefangen", flüsterte Sigrun ihr ins Ohr: "Erschrecke ihn nicht"

Eine Enge schnürte Alva plötzlich die Kehle zu und ihre Augen brannten höllisch.
Sie nickte stumm und ihre Schwester gab sie frei.
Vor vier Tagen war das Unglück geschehen... Ihr Vater Gunnar war alleine auf Jagd gewesen und von drei Räubern überfallen worden, die es auf die kostbaren Felle abgesehen hatten, die er mit sich führte. Gunnar war stark wie ein Bär, der sich zu verteidigen wusste wenn es darauf ankam. Aber er wusste genau wann es ratsam war sich ruhig zu verhalten. Wortlos ließ er sich die Felle abnehmen. Wortlos ließ er sich seinen Proviant abnehmen. Ja selbst als sie ihm seine Waffen abnahmen kam kein Wort über seine Lippen. Diese stoische Gelassenheit reizte den Anführer aufs Blut... er und seine Kumpane gaben sich redlich Mühe ihn zum Schreien zu bringen.
Alva und Sigrun fanden ihn nicht unweit der Stadt, übersäht mit Brandwunden, blauen Flecken und Schnittwunden... beim Waschen mussten sie entsetzt feststellen, dass er aus ALLEN Körperöffnungen blutete...

Alva schloß kurz die Augen atmete tief durch und unterdrückte den Drang zu weinen. "Noch lebt er, noch gibt es keinen Grund zu trauern", dachte sie. Noch...
Langsam ging sie zu der kleinen schäbigen Holztür und öffnete sie sanft. Dahinter lag im Dämmerlicht ein winziger Raum, kaum mehr als ein Verschlag. Von den Balken hingen viele Kräuter die die Luft rein halten und die Geister wohlwollend stimmen sollten. Dennoch konnten sie den Geruch von Blut, Eiter, Schweiß und Fäkalien nicht überdecken.
Alva zwang sich, ihren Blick auf die kleine Pritsche zu lenken.

Dort lag er ihr Vater und Lehrmeister schwer atmend und kaum bei Bewusstsein. Alva und Sigrun knieten sich rechts und links neben die Pritsche. Alva griff nach der Hand ihres Vaters. Fast hätte sie die Hand vor Schreck wieder losgelassen, so kalt und schlaff war sie. Wie bei einem Toten...

"Vater ich bin es Alva, du hast mich rufen lassen." flüsterte sie eindringlich. Die Lider des Mannes flatterten und öffneten sich mühsam. "Firunja bist du das? Bin ich schon bei dir?" flüsterte der alte Mann. Alva schluckte hart "Nein, Vater ich bin es Alva, deine Tochter."
Ihr Vater kniff die Augen zusammen als spähe er in die Ferne. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und entblößte die abgebrochenen Zähne. Alva tat es im Herzen weh, in das zerstörte Gesicht ihres Vaters zu sehen, doch sie wandte den Blick nicht ab.
"Alva, du wirst ihr immer ähnlicher, habe ich dir das schon mal gesagt?" "Ungefähr 20 mal du alter Trottel. Wirst du langsam weich im Kopf, auf deine alten Tage?" antwortete Alva bemüht locker.

"Alva einer dieser Männer trug einen Raben unterm Umhang" Alva und Sigrun tauschten sich einen kurzen Blick aus. Fantasierte ihr Vater? "... auf der Brust, auf der Brust da saß ein Rabe" murmelte ihr Vater und dämmerte schon wieder weg. Sigrun rief aufgewühlt"Ein Wappen? War es ein Wappen?" Sie fasste ihn unter die Schultern um ihn etwas aufzurichten, da fing er an zu wimmern wie ein kleines Kind: "... bitte, bitte lasst mich gehen, ich kann nicht mehr..." Alva und Sigrun verschlug es den Atem. Welches Grauen hatten diese Männer ihrem Vater angetan? Was hatten sie getan, dass aus einem gestandenem Jäger ein wimmerndes kleines Kind wurde?


Alva blickte Sigrun in die Augen "Lass uns auf die Jagd gehen"

Fortsetzung folgt hier

2 Kommentare:

  1. Sehr detailliert, emotional und mitreißende Art zu schreiben. Finde ich gut..... Mehr!

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  2. Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. Mal schauen ob mir noch mehr einfällt, was sich zu erzählen lohnt.

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