Jeder Charakter hat seine eigene Geschichte. Sie spiegelt oft die grundlegenden Motive für das Tun eines Helden wider... Hier möchte ich euch meine Geschichte erzählen. Die Geschichte von Alva Gunnarsdottir.
"... aber ihr müsst doch etwas
unternehmen!" , schrie die junge Frau und hieb voller Wut auf
den Schreibtisch des Wachhauptmanns. Der Wachhauptmann, ein behäbiger
Mann mit schütteren Haar und wässrigen Augen seufzte entnervt: "Ich
sage es euch noch ein einziges Mal, was außerhalb der Stadt passiert
liegt nicht in meinem Zuständigkeitsbereich. Ich kann doch nicht
meine Männer durch die Wildnis laufen lassen nur wegen ein paar
Strauchdieben."
"Aber...", brauste die junge
Frau auf und hielt inne als eine Hand sie berührte. Sie fuhr herum,
bereit der ersten Witzfigur von Wache eine gehörige Abreibung zu
verpassen, der es wagte sie anzurühren.
"Alva komm schnell, Vater ist
aufgewacht" raunte ihre Ziehschwester Sigrun ihr zu.
Ohne ein weiteres Wort stürmte Alva
gefolgt von ihrer Ziehschwester aus der Wachstube. Die Wachen
drückten sich eingeschüchtert an die Wände. Alva hatte in ihrer
Wut mit bloßen Händen die Tür aufgebrochen um Gehör zu finden.
"Wie geht es ihm?", rief Alva
im Rennen ihrer Schwester zu. Sigrun hielt den Blick starr geradeaus
gerichtet "Er ruft nach dir..." Alva verstand und rannte
weiter, jede Sekunde war jetzt kostbar.
Endlich erreichten sie das Häuschen
des Heilers. Alva riß die Tür fast aus den Angeln.
"Wo?" keuchte sie fast
atemlos. Der erschreckte Heiler wies zitternd auf eine kleine Holztür
zu seiner Linken. Sie wollte gerade zur Tür stürzen, da hielten
starke Arme sie umschlungen, "Alva, erwarte nicht zu viel, seine
Verletzungen sind sehr schwer und vielleicht ist er wieder in seinen
Fieberträumen gefangen", flüsterte Sigrun ihr ins Ohr:
"Erschrecke ihn nicht"
Eine Enge schnürte Alva plötzlich die
Kehle zu und ihre Augen brannten höllisch.
Sie nickte stumm und ihre Schwester gab
sie frei.
Vor vier Tagen war das Unglück
geschehen... Ihr Vater Gunnar war alleine auf Jagd gewesen und von
drei Räubern überfallen worden, die es auf die kostbaren Felle
abgesehen hatten, die er mit sich führte. Gunnar war stark wie ein
Bär, der sich zu verteidigen wusste wenn es darauf ankam. Aber er wusste genau wann es ratsam war sich ruhig zu verhalten. Wortlos
ließ er sich die Felle abnehmen. Wortlos ließ er sich seinen
Proviant abnehmen. Ja selbst als sie ihm seine Waffen abnahmen kam
kein Wort über seine Lippen. Diese stoische Gelassenheit reizte den
Anführer aufs Blut... er und seine Kumpane gaben sich redlich Mühe
ihn zum Schreien zu bringen.
Alva und Sigrun fanden ihn nicht unweit
der Stadt, übersäht mit Brandwunden, blauen Flecken und
Schnittwunden... beim Waschen mussten sie entsetzt feststellen, dass
er aus ALLEN Körperöffnungen blutete...
Alva schloß kurz die Augen atmete tief
durch und unterdrückte den Drang zu weinen. "Noch lebt er, noch
gibt es keinen Grund zu trauern", dachte sie. Noch...
Langsam ging sie zu der kleinen
schäbigen Holztür und öffnete sie sanft. Dahinter lag im
Dämmerlicht ein winziger Raum, kaum mehr als ein Verschlag. Von den
Balken hingen viele Kräuter die die Luft rein halten und die Geister
wohlwollend stimmen sollten. Dennoch konnten sie den Geruch von Blut,
Eiter, Schweiß und Fäkalien nicht überdecken.
Alva zwang sich, ihren Blick auf die
kleine Pritsche zu lenken.
Dort lag er ihr Vater und Lehrmeister
schwer atmend und kaum bei Bewusstsein. Alva und Sigrun knieten sich
rechts und links neben die Pritsche. Alva griff nach der Hand ihres
Vaters. Fast hätte sie die Hand vor Schreck wieder losgelassen, so
kalt und schlaff war sie. Wie bei einem Toten...
"Vater ich bin es Alva, du hast
mich rufen lassen." flüsterte sie eindringlich. Die Lider des
Mannes flatterten und öffneten sich mühsam. "Firunja bist du
das? Bin ich schon bei dir?" flüsterte der alte Mann. Alva
schluckte hart "Nein, Vater ich bin es Alva, deine Tochter."
Ihr Vater kniff die Augen zusammen als
spähe er in die Ferne. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und
entblößte die abgebrochenen Zähne. Alva tat es im Herzen weh, in
das zerstörte Gesicht ihres Vaters zu sehen, doch sie wandte den
Blick nicht ab.
"Alva, du wirst ihr immer
ähnlicher, habe ich dir das schon mal gesagt?" "Ungefähr
20 mal du alter Trottel. Wirst du langsam weich im Kopf, auf deine
alten Tage?" antwortete Alva bemüht locker.
"Alva einer dieser Männer trug
einen Raben unterm Umhang" Alva und Sigrun tauschten sich einen
kurzen Blick aus. Fantasierte ihr Vater? "... auf der Brust, auf
der Brust da saß ein Rabe" murmelte ihr Vater und dämmerte
schon wieder weg. Sigrun rief aufgewühlt"Ein Wappen? War es ein
Wappen?" Sie fasste ihn unter die Schultern um ihn etwas
aufzurichten, da fing er an zu wimmern wie ein kleines Kind: "...
bitte, bitte lasst mich gehen, ich kann nicht mehr..." Alva und
Sigrun verschlug es den Atem. Welches Grauen hatten diese Männer
ihrem Vater angetan? Was hatten sie getan, dass aus einem gestandenem
Jäger ein wimmerndes kleines Kind wurde?
Sehr detailliert, emotional und mitreißende Art zu schreiben. Finde ich gut..... Mehr!
AntwortenLöschenFreut mich sehr, dass es dir gefallen hat. Mal schauen ob mir noch mehr einfällt, was sich zu erzählen lohnt.
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